Anreise durch die Alpen
Länger als gedacht sind wir in der Schweiz hängen geblieben. Es dauerte doch länger bis unser Fuso wieder aus der Service-Werkstatt fahren konnte. Unsere ursprünglichen Pläne haben sich im Wasser aufgelöst. Eine Reise nach Deutschland erscheint uns bei dem nasskalten Wetter, dem vielen Regen, den Erdrutschen und Überschwemmungen zur Zeit nicht angebracht. Wir suchen Sommer, Sonne und Wärme und fahren gegen Süden nach Italien. Es ist 9 Uhr Montagmorgens am 10. Juni 2024, als wir mit unserem Wiwomo bei starkem Regen von der Ostschweiz aufbrechen.
«Grüenbödeli» «urchig-gemütlich-einmalig»
Vorbei an Appenzell, Altstätten, Landquart, Grüsch, Küblis und Klosters, erreichen wir unseren ersten halt «Grüenbödeli». Hier gibt es einen Parkplatz an der Strasse und das Grill-Restaurant lädt uns mit den Worten «urchig-gemütlich-einmalig» ein zum Mittagessen. Inzwischen hat es aufgehört zu Regnen und die Sonne zeigt sich ab und zu. Über den Wolfgangpass erreichen wir Davos und fahren weiter über den Flüelapass ins Engadin und durch den wunderschönen Schweizer Nationalpark über den Ofenpass ins Münstertal. Nur einen Wermutstropfen für Wohnmobilfahrer hat die Gegend, überall stehen Verbotsschilder fürs Halten, Parken oder Campen. Nur zwei Campingplätze, einer in Scuol und einer in Müstair, haben wir gefunden. Preise ab 42 Franken aufwärts pro Nacht sind für uns aber doch zu viel.
«Grüenbödeli» «urchig-gemütlich-einmalig»
Italien und das Südtirol
Italien und das Südtirol erwarten uns mit Wärme und Sonne. Wer hätte das gedacht? Im kleinen Ort Eyrs besorgen wir uns eine Prepaid-SIM-Karte von Vodafone (100 GB für 15 Euro). Und weiter geht die Fahrt durch das schöne Südtirol wo uns massenhaft Motorradfahrer und Sportwagenfahrer begegnen. Nur Lowbudget Wohnmobilisten, so scheint es uns, sind auch hier nicht wirklich gern gesehen. Auf einem LKW-Parkplatz einer Raststätte an der SS38 zwischen Meran und Bozen quetschen wir uns zu den Lastwagen zum übernachten. Trotz Lärm von Strasse, Motoren, Kompressoren und Generatoren schlafen wir, nach der langen Fahrt (276 km), einem Bier und wieder in unseren eigenen Betten, ganz gut.
Italien und das Südtirol
Von den Alpen zum Apennin
Nach dem Frühstück in unserem Wiwomo fahren wir am Dienstag gleich weiter auf die Autobahn A22 im Etschtal durch die Alpen des Südtirol und Trentino gegen Süden. Links und rechts der Strasse beeindrucken uns die vielen Apfelplantagen. Ein schier endloses Tal, die Strecke zieht sich in die Länge. Nach 100 Kilometern, noch immer in den Alpen, halten wir für einen Kaffee an einer Autobahnraststätte. Als wir auf der rechten Seite den Gardasee erblicken, haben wir nach 140 Kilometern den südlichen Fuss der Berge erreicht. Mit dieser Erfahrung sehen wir die Dimension der Alpen, die von Deutschland über Österreich bis nach Italien rund 250 Kilometer in der Breite beträgt, in einem anderen Licht.
Von den Alpen zum Apennin
Montese, Region Emilia-Romagna, Provinz Modena
Vor uns tut sich die Po Ebene auf. Unsere Fahrt geht weiter auf der Autobahn vorbei an Verona, der Stadt von Shakespeares «Romeo und Julia», bis nach Modena. Das Wetter, leicht bewölkt und ab und zu ein kurzer Regenguss, wird immer freundlicher. Der Po ist mit über 650 Kilometern der längste Fluss Italiens. Die Umweltkatastrophe am Lambro im Jahre 2010, etwa 2’600 Tonnen Diesel und Schweröl sollen mutwillig und in mafiöser Weise in den Po geleitet worden sein, hat ihre Spuren hinterlassen. Italien scheint doch sauberer geworden zu sein und die Mülltrennung funktioniert, zumindest besser als in Spanien. Nach einer weiteren Pause und einem Fahrerwechsel nach 200 Kilometern geht es nach Modena erneut in die Berge. Wir fahren auf Landstrassen, rauf und runter, durch den Apennin, der Italien in seiner gesamten Länge durchzieht.
Nach 307 Kilometern erreichen wir unser Tagesziel «Montese» auf rund 840 Metern über Meer, ein kleines Bergdorf in der Region Emilia-Romagna, in der Provinz Modena. Hier konnten am 17. April 1945 Truppen der Alliierten brasilianischen Expeditionskorps während der Frühjahrsoffensive die an der Gotenstellung liegende Gemeinde von den deutschen Besatzern befreien. Noch heute wird ein uralter Sport «Ruzzolone» gespielt, bei dem eine Holzscheibe mittels umwickelter Schnur auf einer 600 Meter Bahn geworfen wird. Der Ort gefällt uns sehr gut, vor allem bei dem angenehmen Wetter, weshalb wir gleich mehrere Tage bleiben.
Montese, Region Emilia-Romagna, Provinz Modena
Zur Westküste ans ligurische Meer
Unüblicherweise fahren wir am Sonntag, am 16. Juni, 124 Kilometer weiter aus den Bergen des Apennin in die toskanische Stadt Lucca. Dabei machen wir einen Abstecher zum Schloss Rocchetta Mattei, maurisch inspiriertem Bauwerk, erbaut 1850. Für Besichtigung sollte man Monate vorher einen Termin vereinbaren, darum fahren wir nur um das Schloss herum.
Dies weil am Rande des Altstadtringes ein grosser Parkplatz liegt, der jeweils Mittwochs und Samstags für Märkte besetzt ist. So können wir mit unserem Wiwomo bis am Dienstag gleich neben der Altstadt stehen. Die Stadt besitzt einen mit Bäumen bewachsenen wunderschönen mittelalterlichen Stadtwall den wir umrunden. In der Altstadt finden sich einige Türme, wovon auf dem «Torre Guinigi» auch Bäume wachsen. Hier finden sich auch viele romanische Kirchen und das Geburtshaus des Komponisten Giacomo Antonio Domenico Michele Secondo Maria Puccini. Selbstverständlich geniessen wir auch das kulinarische Italien mit Pizza und Gelati.
Schloss Rocchetta Mattei
Lucca, Geburtsstadt des Komponisten Giacomo Puccini
Torre di Pisa (Schiefer Turm von Pisa)
Nur gerade 25 Kilometer sind es bis nach Pisa. Auf einem grossen Kiesplatz neben einem Schiffskanal zum Fluss Arno finden wir ein Nachtquartier. Zu Fuss sind es so rund 40 Minuten durch die Stadt zu den Sehenswürdigkeiten am Piazza die Miracoli, mit Dom Santa Maria, Battistero di San Giovanni, Sarcofago di Giratto, Opera, Museo und natürlich dem Torre di Pisa (Schiefer Turm von Pisa). Sabine kann hier nicht genug Fotos schiessen. Auch lassen wir uns in der Stadt kulinarisch mit Spaghetti Alio e Olio und einem Glas Wein verwöhnen. Zurück im Wohnmobil lassen wir die vielen Eindrücke sacken und geniessen eine ruhige Nacht.
Pisa und seine Sehenswürdigkeiten
Hundestrand bei Marina die Castagneto
Weiter südwärts entlang des ligurischen Meeres, vorbei an Livorno erreichen wir nach 76 Kilometern am Mittwoch den 19. Juni den Hundestrand bei Marina die Castagneto. Hier dürfen wir für 48 Stunden auf dem offiziellen Stellplatz stehen. Leider nimmt die Parkuhr unsere Kreditkarten nicht an, so muss ein Zettel in der Windschutzscheibe genügen. Viva Italia – So lässt es sich leben, Barfuss in Sandalen, kurze Hose, T-Shirt, Sonne, Strand und Meer. Der Sommer ist da bei Temperaturen um die 30°Celsius. Unsere Klimaanlage versorgt unser Wiwomo mit der nötigen Kühlung und wir kühlen uns bei einem Bad im Meer oder bei einem Drink an der Strandbar ab.
Ins Landesinnere nach Sasso Pisano
Das Wochenende wollen wir in einer etwas ruhigeren Gegend verbringen. Nur gerade rund 45 Kilometer sind es bis zum kleinen Dorf Sasso Pisano. Allerdings benötigen für den Weg mit unserem Wiwomo über enge holperige Landstrassen beinahe 2 Stunden. Wir befinden uns in einer dicht bewaldeten Hügellandschaft mit geothermaler Aktivität. Da und Dort finden sich natürliche heisse Quellen und Geysire. Eine Kraft, die auch kommerziell genutzt wird. Im Dorf, gleich neben unserem Stellplatz, gibt es ein Thermalbad welches wir besuchen und uns dabei einen ordentlichen Sonnenbrand einfangen. Mitten im Wald etwa 5 Fussminuten entfernt findet sich ein antikes Thermalbad. 20 Minuten entfernt besuchen wir die kleine Brauerei und trinken uns durch die kleine Auswahl. Eine Wanderung durch das Valle del Diavolo mit Fumarolen, Schlammpfützen, Dampffontänen und heissen Wasserquellen lohnt sich auch wegen der Aus- und Fernsicht.
Sasso Pisano
Radicondoli
Nach beinahe einer Woche am selben Ort, fahren wir am Donnerstag 27. Juni weiter. Im Hauptort Castelnuovo di Val di Cecina kaufen wir Lebensmittel für exakt 100 Euro ein und gönnen uns Kaffee bzw. Cola in der Bar. Nur gerade 30 Kilometer fahren wir heute bis zum kleinen geschichtsträchtigen Höhenort Radicondoli. Unterhalb des Dorfes neben einem Eichenwäldchen und der ehemaligen Abtei gibt es einen schönen Stellplatz. Früher war der Ort eine Burg der Borghesi und der Medici, dann religiöses Zentrum verschiedener Ordensgemeinschaften oder wirtschaftlicher Standort der textilen Handarbeit, später Verteidigungswehr in den beiden Weltkriegen und heute ein Ort der Kultur und des Tourismus mit vielen Konzertveranstaltungen. Gut essen kann man im «Agriteca», allerdings auch zu einem guten Preis. Die Fernsicht an diesem Ort ist wohl einmalig.
Radicondoli
Zisterzienserkloster «San Galgano», Kirche «Montesiepi»
Am Dienstag 2. Juli besuchen wir das ehemalige Zisterzienserkloster «San Galgano». Die gotische Kirche ohne Dach stellt eine architektonische Besonderheit in der Toskana dar und wird daher viel besucht. Ebenso interessant ist auch die Kirche «Montesiepi» rund 10 Fussminuten entfernt auf einem Hügel. In deren Rundkirche findet sich ein Schwert in einem Stein. Nach der Legende soll dort der verzogene, selbstsüchtige Rittersohn Galgano Guidotti nach seinem Sinneswandel und dem Leben als Einsiedler sein Schwert in den Stein gerammt haben. Eine sehr zu empfehlende Weinbar besuchen wir auf dem Rückweg zu unserem Wiwomo natürlich auch noch. Beeindruckend, wie gekonnt der Kellner das Glas temperiert und den Wein einschenkt.
Zisterzienserkloster «San Galgano»
Kirche «Montesiepi»
Siena, älteste Universitätsstadt von Italien, gegründet 1240
Die Stadt Siena liegt nicht weit entfernt, und so fahren wir am Donnerstag zur Sightseeingtour dort hin. Einen Stellplatz für Wohnmobile gibt es nur beim Busparkplatz zwischen zwei gut befahrenen Strassen für 20 Euro die Nacht. Zu Fuss erreichen wir die Altstadt in rund 20 Minuten auf einer gut befahrenen engen Nebenstrasse. Die Stadt ist nichts für Roger, zu viel Verkehr zu nervös und hektisch. In den engen Gassen, wo eigentlich die Fussgänger laufen, fahren ständig Autos, denen wir ausweichen müssen. So genügt denn auch ein Tag für den Rundgang durch die Stadt zum Dom, zur Basilica, zum Palazzo, zur Piazza del Campo. Zum Fortezza Medicea, zu den Kirchen, Plätzen und auch zu einer der vielen Pizzerien.
Siena
Lucignano
Das Wochenende (5. – 9. Juli) wollen wir wieder an einem etwas ruhigeren Ort verbringen, auf dem Wohnmobilstellplatz in Lucignano. Den Ort haben wir so gewählt, weil wir nächste Woche unsere SIM-Karte in einem Vodafone-Laden wieder aufladen und einen Grosseinkauf tätigen sollten. Beides finden wir im Nachbarort Sinalunga. Für die Fahrt von Siena nach Lucignano nutzen wir die SS715, eine Mautfreie Autobahn/Autostrasse die wir aber aufgrund der vielen Schlaglöcher und Unebenheiten mit unserem Wiwomo nur mit rund 60 km/h befahren können – typisch Italien. Der ebenfalls geschichtsträchtige Ort Lucignano gefällt uns sehr gut. Die Altstadt mit ihrer Rundgasse, den Stadttoren, Kirchen und Museen, die Läden, Bars, Kaffees und die Gelaterie, die Parkanlage mit der Grillstelle bieten für jeden etwas. Am Samstagabend gibt es für die jungen Leute sogar ein Fest mit DJ-Musik. Wir geniessen den Abend aber lieber bei einem Krimi im Wiwomo.
Lucignano