Anfahrt nach Sonthofen
Montag 12. August 2024. Es sind Sommerferien, touristische Hochsaison in der Schweiz, in Österreich und auch in Deutschland. Eigentlich wollten wir schon im Frühling nach Deutschland reisen, dann wären wir jetzt wohl eher im Norden unterwegs. Aber das (Un)wetter nördlich der Alpen einerseits und der Ölverlust am Fahrzeug andererseits hatten uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir starten mit unserer Reise im Appenzellerland und fahren bei St. Margrethen über die Grenze nach Österreich. In Bregenz tanken wir unser Fahrzeug nochmals voll und fahren anschliessend über die Bilderbuchlandschaft des Bregenzerwaldes durch Müselbach, Hittisau und Unterlitten nach Oberstaufen und Immenstadt bis nach Sonthofen in Deutschland. Wir sind im Herzen des Allgäu angekommen. Beim «Wonnemar», einem Erlebnisbad finden wir einen erschwinglichen Parkplatz ohne Ver- und Entsorgung für Wohnmobile (6.50 € / Nacht). Hier bleiben wir für 3 Nächte, spazieren an der Iller entlang, bestaunen das Bergpanorama und geniessen die Therme des Wonnemar. Fahrrad fahren kann man hier auch besonders gut, denn dazu gibt es ein gut ausgeschildertes Rad- und Wanderwegnetz. Gerne wären wir noch geblieben aber wir haben schon 1 Nacht länger verweilt als erlaubt.
Neues Verteilergetriebe, Wonnemar Thermalbad in Sonthofen
Über Österreich nach Füssen
Am Donnerstag geht die Reise weiter nach Füssen. Wir fahren aber nicht den direkten Weg, sondern kurven über Bad Hindelang und hinauf auf den Oberjochpass nach Österreich. Vorbei am Haldensee, Nesselwänge, Rauth und Untergaicht kommen wir so ins Lechtal. Ein Tal, das vom Wintertourismus lebt. Bestimmt kennt jeder von euch das Hahnenkamm-Rennen. Im Sommer trifft man hier aber auch Wandervögel und Zweiradfahrer. Um die unübersichtlichen Kurven benutzen wir gerne das Horn, denn ab und zu kommt uns ein Auto oder Motorrad auf der Mittellinie entgegen. Entlang der Lech erreichen wir so nach rund 80 Kilometern unser Tagesziel, die Stadt Füssen. Etwas Ausserhalb, im Norden der Stadt gibt es Wohnmobilstellplätze für 22 – 28 Euro die Nacht. Wer allerdings noch einen guten Platz bekommen will muss vor dem Mittag da sein, denn schnell sind die Plätze belegt. Wir haben Glück und finden ein ideales Plätzchen für unser wiwomo, mit allen nötigen Dienstleistungen (Ver- und Entsorgung, WC, Dusche, gratis Bus-Billett, Vergünstigung für Fitness und Sauna). Nach dem Einrichten des Wohnmobils besichtigen wir die Stadt und genehmigen uns eine feine Pizza und einen Salat – besser als in Italien. Frisch gestärkt wandern wir weiter zum Wasserfall und weiter durch den Kalvarienberg bis zum Schwansee. Müde aber glücklich geht es mit dem Bus zurück nach Füssen. Die Gegend ist wirklich wunderschön und es gäbe noch einiges zu bestaunen. Die beiden Schlösser Hohenschwangau und Neuschwanstein etwa (auf Monate ausgebucht), welche wir jedoch nur von weitem sehen. Längere Aufenthalte mit dem Wohnmobil sind zudem, mit entsprechendem Budget, nur auf dem Campingplatz möglich.
Füssen, Lechfall, Neuschwanstein
Ein Zwischenstopp in Peiting
Unsere Fahrt führt uns am Samstag nur etwa 40 Kilometer in Richtung München nach Peiting, eine Marktgemeinde im Pfaffenwinkel, wo der Lech die Ammer küsst, wie es in der Werbung heisst. Die Gemeinde mit rund 12’000 Einwohnern konnte sich seinen bayrisch-dörflichen Charakter und seine Tradition bewahren. Es besitzt ein intaktes Dorfzentrum mit Dorfplatz, Kirche und Maibaum, verschiedenen Gasthäusern, Läden und Handwerks-betrieben, während die Bauernhöfe rund um das Dorf angeordnet sind. Schön angelegt ist auch der Dorfteich, welcher auch schon als schönster Bayerns ausgezeichnet wurde. Allerdings scheint der speisende Dorfbach zurzeit viel Gülle zu führen. Gleich neben dem Wellen-Freibad, das bei schlechtem Wetter kurzerhand geschlossen wird, gibt es 5 kostenfreie Wohnmobilparkplätze für maximal 3 Tage. Der letzte freie Platz ist etwas kurz, aber wir stellen unser wiwomo mit dem Heck an die Böschung. Das spart Platz und die Terrasse ist so tief, dass wir auch keine Leiter brauchen. Peiting bietet viele gut bezeichnete Spazier- und Wanderwege an, etwa entlang des Dorfbaches, auf den Kalvarienberg, ins Schongau, zur Lourdesgrotte oder an die Lech. Hier gefällt es uns, um das Wochenende zu verbringen und den prognostizierten Regen auszusitzen. Tatsächlich regnet es am Sonntag fast ununterbrochen und die Sonne will sich nachher auch kaum noch zeigen. Da verpassen wir auch sonst nichts und bleiben etwas länger. Am Mittwochmorgen geht die Reise aber doch weiter, denn inzwischen ist der Parkplatz mit Wohnmobilen überfüllt.
Tutzing am Starnbergersee
Auf der Strecke Füssen – München liegen der Ammer- und der Starnbergersee. Wir fahren 40 Kilometer an den Starnbergersee, nach Tutzing, denn nur dort gibt es einen geeigneten Stellplatz für unser Wohnmobil. Unterwegs können wir unser Abwasser an der Kläranlage in Peissenberg entsorgen. Der Parkautomat in Tutzing frisst nur Bargeld oder kann über eine App bedient werden, was leider bei uns nicht richtig funktioniert und zu einer doppelten Abbuchung führt. Bei einem Spaziergang entlang des Sees kehren wir in der Villa Kustermann ein. Auf deren Terrasse geniessen wir bei Kaffee und Kuchen den Blick auf den Rosengarten und den See. Das ist doch wohl ein einmaliges Erlebnis. Die geschichtsträchtige Villa der Familie Kustermann (Eisenhandel, Gusswerk und Stahlbau in München) samt umfangreichem Umschwung gehört heute der Gemeinde. Sie wurde früher als Sommerresidenz, als Lazarett, als Flüchtlingsheim und auch als Schule genutzt. Heute dient sie der Gemeinde als Faustpfand für den Bau einer neuen Schule, wird von einem Trägerverein betrieben und ist, mittels Ausstellungsräumen für Kunst und einem Kaffee, der Öffentlichkeit zugänglich. Neben dem Wohnmobilstellplatz befindet sich das Südbad, ein Restaurant über deren Zugang man zum Badesee und einer Liegewiese gelangt. Kiara darf nur bis zum Restaurant, nicht aber auf die Wiese. Daher trinken deren Besitzer am Abend ein Bier auf der Restaurant-Terrasse, mit Blick auf den See, die Badegäste, die Segelboote und die Berge in der Ferne. Es ist kühl geworden am Abend, am See wo die Sonne sich erst gegen Abend kurz zeigt, sodass wir gerne ein leichte Jacke tragen – ist der Sommer vorbei, wird es jetzt schon Herbst?
Tutzing am Starnbergersee, Kustermann-Villa
München und der Tierpark Hellabrunn
Nochmals gute 40 Kilometer sind es an diesem Donnerstagmorgen bis nach München zum Gasthaus Siebenbrunn, gleich neben dem Tierpark Hellabrunn. Dort können wir unser wiwomo abstellen. In München waren wir schon öfters und in die Innenstadt können wir eh nicht fahren (Umweltzone), weshalb wir den Tierpark besuchen. Über den Eingang Flamingo gelangen wir schon bald zum Affenhaus. Wir staunen zunächst nicht schlecht über die vielen Boller- und Kinderwagen, in den unterschiedlichsten Ausführungen, die hier parkiert sind. Die Affen interessieren aber nicht nur die kleinen Gäste, nein auch Roger muss sie sich genauer ansehen, nur Kiara darf nicht rein. Sabine studiert derweilen die Tiernamen auf Lateinisch und braucht danach eine Pause und etwas zu trinken. Dann schauen wir noch bei den anderen Tiere die es hier gibt vorbei. Der Tierpark gefällt uns dreien sehr gut, mit den unterschiedlichen artgerechten Lebensräumen der Tiere, der Bauernhoflandschaft mit den Verpflegungsmöglichkeiten, den Ruhebänken die zum verweilen einladen und den schön gestalteten naturnahen Spazierwegen. Nach diesem vollen Tag im Tierpark gönnen wir uns ein feines Nachtessen im Biergarten des Gasthofes. Die «Musi» mit unterschiedlichen Musikanten spielt dazu, von Traditionell bis Schlager. Ins Bett haben wir es nicht weit, denn gleich beim Gasthaus steht unser wiwomo. Wer mit dem Wohnmobil anreist, freundlich fragt und hier einkehrt, darf hier nämlich ohne weitere kosten übernachten. Müde aber glücklich fallen wir bald in einen ruhigen Schlaf – was für ein gelungener Tag.
Tierpark Hellabrunn, Überraschung für uns inbegriffen
Da haben wir aber nicht schlecht gestaunt.
Appenzeller Spitzhaube –
Gallus gallus dom
Im 20. Jahrhundert war der schweizer Kanton Appenzell die letzte Region, in der die Spitzhauben erhalten blieben und wurde somit zum Namensgeber.
Rockige Frisur
Das Markenzeichen der Appenzeller Spitzhaube ist ihre nach vorn gewölbte Federhaube. Zudem tragen die Hähne anstelle des üblichen Kamms zwei kleine fleischige Hörner am Kopf. Neben rein schwarzem oder weißem Gefieder, gibt es auch braune oder silberne Hühner mit schwarzem Punktemuster.
Wetterfestes Berghuhn
Die Appenzeller Spitzhaube ist bestens an ihren Lebensraum, den Voralpenraum, angepasst. Geschickt klettert sie auf felsigem Untergrund und dank ihrer guten Flugfähigkeit macht sie es sich auch auf Bäumen bequem. Auch Schnee kann ihr nichts anhaben, denn durch die kleinen Kehllappen und die zwei Hörnchen haben frostige Temperaturen wenig Angriffsfläche.
Geschichtsträchtiges Dachau
Das Wochenende vom 23. – 26. August verbringen wir nur wenige Kilometer weiter nördlich von München, in Dachau. Auf dem P+R Parkplatz beim Bahnhof gibt es auch für grössere Wohnmobile genügend Platz. Zudem kann man hier auch länger stehen bleiben, es gibt gute Bus und Bahnverbindungen, die Altstadt ist nicht weit, in der Nähe gibt es Bäckereien, Restaurants und Geschäfte und die Tagesparkpauschale mit 2 Euro ist sehr günstig. Nur autark muss man sein, denn es gibt kein Wasser und keine Entsorgungsstelle. Die Altstadt von Dachau liegt auf einem Hügel. Vor dem kurzen steilen Aufstieg über den Karlsberg bei Wärme und Sonne geniessen wir ein feines Eis in der Eisdiele. Oben angelangt steht noch das alte Zollhaus, wo früher der sogenannte «Pflasterzoll» auf dem Weg von oder nach München entrichtet werden musste. Weiter hinauf gelangen wir zum Sommerschloss der Wittelsbacher mit dem schönen Schlossgarten und einem einmaligen Ausblick bis nach München. Vorbei am Wasserturm gelangen wir nach diesem Nachmittag wieder in die Altstadt, zu einem Bier, zurück zum Bahnhof und zu unserem Wiwomo. Am Samstag besuchen wir (ohne Kiara) mit dem Bus die Gedenkstätte KZ Dachau. Bei einer rund 2½ – stündigen Führung wird uns sehr eindrücklich die Entstehung, die Bauten und auch die Lebensumstände der Inhaftierten näher gebracht. Nach diesen Eindrücken, an diesem heissen Tag, brauchen wir eine Pause und verbringen den Sonntag im wiwomo. Der Wetterbericht hat Regen angesagt, es ist kühler geworden,stark Bewölkt und am Nachmittag regnet es dann auch.
Dachau, das alte Zollhaus, Sommerschloss der Wittelsbacher, KZ Dachau
Ulm und Neu-Ulm
Auf der Autobahn A8 erreichen wir am Montag den 26. August 2024, nach rund 130 Kilometern das Donaubad in Neu-Ulm. Dort gibt es einen, zum Erlebnisbad gehörenden, gut ausgebauten Wohnmobilstellplatz. Wir sind früh genug hier, so dass wir um 11 Uhr noch einen guten Platz bekommen. Etwas speziell ist der vor 5 Jahren neu angelegte Stellplatz schon, mit der erhöhten Ver- und Entsorgungsstation und der Anweisung den Platz im Notfall innert 6 Stunden zu räumen. Die Anlage liegt nämlich im Überflutungsbereich der Donau. Neu-Ulm entstand nach dem Pariser Vertrag 1810, bei dem Ulm zu Württemberg kam und der südlich der Donau gelegene Teil bei Bayern verblieb. Mit dem Bau einer Bundesfestungsanlage gewann auch Neu-Ulm an Bedeutung als Garnisonsstadt. Nach den beiden Weltkriegen unterhielten die Amerikaner bis 1991 hier einen Stützpunkt. Einheimische berichten uns interessantes aus jener Zeit, über Cowboyhüte, Casinos und Pershing-Raketen. Ulm auf der anderen Seite ist bekannt für das gotische Münster mit dem höchsten Kirchturm der Welt. Aber auch die Altstadt ist einen Besuch wert. Zwei Tage und Nächte gönnen wir uns hier auf dem Stellplatz. Am ersten Tag erkundet Roger mit Kiara die Wege an der Donau und die Stadt Ulm während sich Sabine im Wohnmobil ausruht. Am zweiten Tag besuchen wir das Erlebnisbad mit Sauna und geniessen anschliessend ein Bier. Hier erfahren wir auch gleich, was für Sehenswürdigkeiten es noch zu entdecken gäbe oder welche Events zu welcher Zeit man unbedingt besuchen müsste (Konzertreihen, Schwörmontag, «Nabada», Kulturnacht, Ulmer Zelt, Weihnachtsmarkt, …). Tja, wir sollten also die Stadt doch wieder einmal Besuchen, vorausgesetzt es hat kein Hochwasser. Bis dann sollte der viel zu kleine Stellplatz dann auch erweitert worden sein.
Ulm und Neu-Ulm
Memmingen
Es ist Mittwochmorgen, leichte Nebelschwaden breiten sich aus, als wir aufbrechen. Wir fahren südwärts auf der Autobahn A7, 56 Kilometer nach Memmingen. Nördlich der Stadt, beim Stadtpark Neue Welt, finden wir einen kleinen Wohnmobilstellplatz. Wir sind früh genug damit wir uns noch einen passenden Platz aussuchen können. Die Plätze sind nämlich für unser wiwomo kurz und die Äste der Bäume hängen tief. Der Platz ist längst nicht so komfortabel wie in Neu-Ulm, es fehlen Abfalleimer, es gibt kein freies WLAN und der Parkautomat funktioniert nur teilweise (Standard in Deutschland!?). In der nähe finden sich verschiedene Supermärkte wie Lidl, Aldi, Rewe oder Netto. Während Sabine sich aufs Fahrrad schwingt um einzukaufen, unternimmt Roger mit Kiara einen Spaziergang durch den Park zur nahen Altstadt. Die Sonne scheint und es wird bis zu 29 Grad warm an diesem Nachmittag. Da geniessen wir doch gerne am Abend ein Bier oder zwei. Jetzt ist auch der letzte Stellplatz belegt. Bei einem Krimi geniessen wir den Abend bevor wir zu Bett gehen, gute Nacht. Am nächsten Tag spazieren wir gemeinsam durch den Park und die idyllische Altstadt von Memmingen. Sie ist ein beliebtes Touristenziel mit ihren vielen Geschäften, Restaurants, Kaffees und den interessanten vielfältigen Häuserfronten und Giebeln. Aber auch für seine kulturellen Anlässe, wie Wallenstein-Festspiele, Fischertag, Stadttheater oder Marionettentheater ist Memmingen bekannt. Für uns ist ebenfalls der Stadtbach der mitten durch die Altstadt fliesst eine spezielle Sehenswürdigkeit.
Memmingen, Stadt der Freiheitsrechte
Via Schweiz zur nächsten Etappe
Von Memmingen aus fahren wir am Freitag über Österreich, via Dornbirn, über die Autobahnen rund 154 Kilometer in die Schweiz. Was uns dabei beschäftigt sind die unterschiedlichen Mautsysteme, die für unser Wiwomo gelten (Wohnmobile bis 7.5 Tonnen). In der Schweiz bezahlen wir eine jährliche Pauschale, die wir teilweise für Auslandsfahrten zurückfordern können – das ist uns klar. Deutschland erhebt seit neustem auch eine Maut für Fahrzeuge über 3.5 Tonnen (Abhängig von Strecke, Gewicht, Achsenzahl, Schadstoff-klasse) – Wohnmobile sind davon ausgenommen, müssen aber allenfalls nachweisen, dass sie auch tatsächlich ein Wohnmobil sind. In Österreich geht eigentlich gar nichts ohne Mautbox und kompliziertem Anmeldesystem – auch auf der Rheintalautobahn bis Dornbirn die für PKWs frei ist. Nun gut, wir werden sehen, ob wir noch Post bekommen. Das Wochenende können wir bei Verwandten stehen. Roger darf nämlich bei seinem ersten «Seniorentreffen» teilnehmen. Da treffen sich alle ü60, welche wie er, seinerzeit in einem speziellen kleinen Dorf zur Schule gingen – da fühlt wer sich ganz schön alt. Nach den Reisevorbereitungen (Abfall, Wasser, Abwasser, kleine Reparaturen) setzen wir unsere Reise am Montag nach Deutschland fort. Wohin? In den Südwesten, nach Baden-Württemberg an den Oberrhein und in den Schwarzwald.